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Bauwirtschaft

Keine Tulpe für London

Foto: DBOX/ Foster and Partners

Die britische Regierung hatte Bedenken hinsichtlich des verkörperten Kohlenstoffs und der Qualität des Designs.

Ing. Mag. Alfred Waschl

Geschäftsführer buildingSMART Austria
Foto: ZVG

Diese Entscheidung ist bisher einzigartig in Europa (Festland und GB). Weil in einem Planungsentscheidungsschreiben der mit dem Tulip Tower verkörperte Kohlenstoff, der ein wichtiges Thema auf der COP26-Klimakonferenz war, zitiert wird. Doch was können wir in Österreich daraus lernen?

Die Digitalisierung der österreichischen Immobilienwirtschaft (Planung, Errichtung, Betrieb) geht voran, wiewohl der Respektabstand des digitalen Wandels zu anderen Ländern (Schweden, Finnland, …) immer noch rund zehn Jahre beträgt. Im Umfeld von Punktwolken, Big Data, Drohnenflug, Algorithmen, Internet of Things, Sensorik, Neue Materialien, Künstlicher Intelligenz, Blockchain, ESG, Autonomes Fahren etc. ist die Methodik BIM das Rückgrat für die notwendige Datendurchgängigkeit. Der Tulip Tower ist ein Beispiel dafür, dass ein Entwurf (Gebäude, Straße, Tunnel, Brücke, …) mehr als eine kreative Meisterleistung sein muss. Ein Planungsentwurf muss belastbare Daten beinhalten, die erläutern, wie sich eine Realisierung dieses verbauten Wertes innerhalb der einzelnen Lebenszyklen verhält. Dazu gehören nicht nur die immer lebhaft diskutierten Planungs- und Baukosten. Sie machen nur 15-20 % der Lebenszykluskosten aus. 

Im Vergleich zu vorherigen industriellen Revolutionen wirbelt die vierte jeden Industriezweig in allen Ländern durcheinander. Die Breite und Tiefe dieser Veränderungen kündigen die Erschaffung ganz neuer Systeme an, was Produktion, Management und Governance betrifft. 

Klaus Schwab

Es geht darum, alle Daten der Nachhaltigkeit, der Benutzer:innenanforderungen, der Effizienz, der Verlässlichkeit, der „predictive Maintanance“ etc. belastbar zur Verfügung zu haben. Um diese komplexen Zusammenhänge zu simulieren, werden digitale Zwillinge eingesetzt. (Digitale Zwillinge sind im Schiffsbau, Anlagenbau oder in der Formel 1 seit vielen Jahren Usus.) Dies ist in Zukunft auch ein wichtiges Tool für Architekturwettbewerbe und ebenso energetische Berechnungen. Der Nutzen liegt auf der Hand: Mit der Simulation hat man die Gelegenheit, Qualität, Funktionalität und Reaktionsverhalten unter jedem möglichen Aspekt datengetrieben zu belegen. 

Der Chef des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, sagte 2016: „Im Vergleich zu vorherigen industriellen Revolutionen wirbelt die vierte jeden Industriezweig in allen Ländern durcheinander. Die Breite und Tiefe dieser Veränderungen kündigen die Erschaffung ganz neuer Systeme an, was Produktion, Management und Governance betrifft.“  Im Bericht „The Future of Construction“ des World Economic Forums Davos 2018 wird die Methodik BIM als das wesentlichste Tool des 21. Jahrhunderts für die Immobilienbranche dargestellt. Den Empfehlungen dieses Berichts ist man in den DACH-Ländern seitens der Politik kaum gefolgt. Dies gilt für das Ausbildungssystem auf den Ebenen der Berufsschulen, Höheren Technischen Schulen und Fachhochschulen sowie Universitäten. Aber auch die Interessenvereinigungen lassen nicht von ihrer siloartigen Organisationsstruktur ab und können sich nicht von der veralteten Nomenklatur der Berufsbilder trennen.

Die Immobilienbranche versucht, für die junge Generation interessant zu sein. Sie ermöglicht eine Zusammenarbeit über Plattformen (leistungsstarkes 5G-Internet ist in der DACH-Region nur in der Schweiz vorhanden), bildet Allrounder:innen nach internationalen Standards aus und beachtet die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) immer mehr. In diesem Zusammenhang ist auch der Environment, Social and Governance (ESG) Rechtsrahmen , zur Bewertung wirtschaftlicher Aktivitäten zu erwähnen, der für das Vergabewesen markante Elemente bereit hält, die von der Legislative umzusetzen sind.

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