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Landwirtschaft

Bio und neue Technologien? Ja sicher – aber sorgsam!

Foto: BMLRT_PAULGRUBER

Priv.-Doz. Dr. Andreas Steinwidder

leitet das Bio-Institut der HBLFA Raumberg-Gumpenstein, arbeitet in der Forschung intensiv mit Bäuerinnen und Bauern zusammen und lehrt auch an der Universität für Bodenkultur

Die biologische Landwirtschaft selbst wird heute als eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft eingestuft. Sie gibt viele Antworten auf die wichtigsten Fragen der heutigen Zeit. Wo Fruchtbarkeit und Gesundheit im Zentrum stehen, braucht es vor allem Wissen zur Natur.

Technik hilft

Neue Technologien werden in der gesamten Lebensmittelkette zunehmend genutzt. Bodenuntersuchungen beschränken sich nicht mehr nur auf die Hauptnährstoffe. Wir messen heute Parameter, die das Zusammenspiel zwischen dem Bodenleben, dem Humus und den Wurzeln umfassender beschreiben. Darauf aufbauend können wir die Fruchtfolge, Düngung und Nutzung fein anpassen. Das führt zu optimalen Bodenverhältnissen, gesunden Pflanzen, schont Nützlinge, stabilisiert Erträge und erhöht auch die Effizienz der eingesetzten Ressourcen. Im Pflanzenbau helfen moderne Sensoren in der Steuerung der Bewässerungen. Wetterdaten fließen in EDV-Programme ein, die gezielte Pflegemaßnahmen ermöglichen. Geräte mit Bilderkennung entfernen mechanisch nicht erwünschte Pflanzen – ganz ohne Chemie! In der Tierhaltung ermöglichen Sender die individuelle Fütterung und Haltung der Tiere. Sensoren messen in Echtzeit die Temperatur der Tiere sowie auch deren Bewegungen. Wir erkennen daher eine nahende Geburt, frühzeitig Stress oder Erkrankungen. Mit GPS-Sendern können Tiere auf Almen rasch geortet und gefunden werden. Bei der Lebensmittelgewinnung werden bereits auf den Höfen oder in den Verarbeitungsbetrieben Schnellmethoden zur Sicherung der Qualität verwendet. Wir konnten beispielsweise mit Infrarotsensoren zeigen, dass die biologische Fütterung von Rindern den Gehalt an wertvollen Omega-3-Fettsäuren in Milch und Fleisch erhöht.

Foto: HBLFA RAUMBERG-GUMPENSTEIN

Grenzen kennen – das Ganze im Auge behalten

Wie überall im Leben gibt es aber auch Herausforderungen. Wir haben es in der Landwirtschaft nicht mit Maschinen, sondern mit Leben zu tun. Blinde Technikgläubigkeit kann die Sicht auf das Ganze verstellen und das nötige Einfühlen einschränken – doch gerade das braucht es in der Arbeit mit der Natur. In der Biolandwirtschaft ist es uns wichtig, dass sich nicht die Pflanzen und Tiere an die Technik anpassen müssen, sondern die Technik muss an die Bedürfnisse der Lebewesen angepasst werden. Es ist auch nicht jeder Bauer beziehungsweise jede Bäuerin gleich technikverliebt – die Freude an der Arbeit ist jedoch wichtig! Ein kritischer Punkt sind auch die Kosten und die Reparaturanfälligkeit jeder Technik. Global betrachtet sehen wir in der industriellen Landwirtschaft, dass geringe Gewinnspannen oft zu Intensivierung und Raubbau führen. Dann wird zwar immer mehr, aber immer weniger Wertvolles produziert – und das mit viel Energieeinsatz. Diese industrielle Landwirtschaft brauchen weder die  Bäuerinnen und Bauern und die Konsumenten noch die Natur – und auch nicht das Tourismusland Österreich.

Wenn der Melkroboter einzieht

Kühe, die Milch geben, werden zweimal täglich gemolken. Zur Arbeitserleichterung haben sich in den letzten 20 Jahren zunehmend praxistaugliche Melkroboter etabliert. Die Kühe suchen diese Melkeinrichtung im Freilaufstall mehrmals täglich selbstständig auf. Über Sensoren werden sie erkannt und dann unabhängig von der Tageszeit gemolken. Die Bäuerinnen und Bauern überwachen diesen Vorgang, zum Beispiel über eine Handy-App, und sind dann in den tatsächlichen Stallarbeitszeiten flexibler. Aufgrund der hohen Kosten – von über 100.000 Euro – rechnen sich Melkroboter vorwiegend auf Betrieben mit mehr als 50 Kühen beziehungsweise wenn die frei gewordene Zeit anderweitig sinnvoll genutzt wird. Die mehrmals tägliche Kontrolle und das direkte Beobachten sind aber auch wichtig. Alles kann und darf die Technik in der Arbeit mit der Natur nicht übernehmen!

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