Home » Landwirtschaft » Wieviel Tierwohl steckt in „Tierwohl“?
Landwirtschaft

Wieviel Tierwohl steckt in „Tierwohl“?

Foto: Land schafft Leben

Hannes Royer

Obmann Land schafft Leben
Foto: Land schafft Leben

Herr Royer, Tierwohl ist heute in aller Munde. Was bedeutet dieser Begriff eigentlich? 

Hannes Royer: Ganz allgemein steht der Begriff Tierwohl für verbesserte Haltungs- und Produktionsbedingungen als die gesetzlichen Mindeststandards erfordern – in vielerlei Hinsicht. Da geht es zum Beispiel um die Fütterung, die medizinische Versorgung, um Hygiene, aber natürlich auch darum, wie das Tier gehalten wird. Hat es viel Platz im Stall oder wenig? Hat es einen Auslauf? Kann es seine natürlichen Bedürfnisse ausleben? 

Woran können Konsumenten Produkte mit hohen Tierwohlstandards erkennen?

Royer: Fast jede Handelskette im Lebensmitteleinzelhandel führt mittlerweile eigene Tierwohlprogramme und auch einzelne NGOs vergeben Tierwohl-Siegel. Was tatsächlich unter Tierwohl fällt und was nicht, ist aber nicht rechtlich definiert, und dementsprechend unterschiedlich können die Standards sein, die hinter den einzelnen Marken und Siegeln stecken. Ist etwa Schweinefleisch mit einem Tierwohlsiegel gekennzeichnet, bedeutet das nicht automatisch, dass sich das Schwein draußen im Schlamm suhlen durfte. Weiters wird nicht nur im Bio-Segment auf Tierwohl geachtet. Auch konventionelle Ware kann unter höheren Tierwohlstandards produziert werden. 

Wir brauchen dringend eine verpflichtende Kennzeichnung von Herkunft und Haltungsform.

Hannes Royer

Woher sollen Konsumenten, denen Tierwohl wichtig ist, dann überhaupt wissen, welche Produkte sie kaufen können?

Royer: Information lautet hier das Um und Auf – und diese hängt momentan leider noch gänzlich von der Eigeninitiative der Konsumenten ab. Wir selbst müssen uns über die Standards, die hinter den einzelnen Marken und Siegeln stecken, informieren und diese mit unseren eigenen Erwartungen an das Thema Tierwohl abgleichen. Der Auftrag gilt hier aber ganz klar der Politik: Wir brauchen dringend eine verpflichtende Kennzeichnung tierischer Produkte nach Herkunft und Haltungsform. Nur so können wir hinsichtlich Transparenz in der österreichischen Lebensmittelproduktion wirklich etwas weiterbringen. Am Beispiel Ei lässt sich das gut beobachten. Seit Jahren erkennt man auf einen Blick, aus welchem Land das Ei kommt und wie die Henne gehalten wurde – mit dem Resultat, dass in Österreich niemand mehr ein Käfigei im Supermarktregal dulden würde. 

Was kann jeder Einzelne tun, um Tierwohl zu fördern?

Royer: Das ist ganz klar: sich informieren und beim Einkauf zu den Produkten greifen, die unseren Werten entsprechen. Denn mit jedem Einkauf vergeben wir auch einen Produktionsauftrag. Das Ausmaß des gesellschaftlichen Diskurses rund um Tierwohl spiegelt sich noch nicht wirklich in unseren Einkaufsgewohnheiten wider. Man nennt das auch „Consumer Citizen Gap“: Ich behaupte, dass mir Tierwohl wichtig ist, handle beim Einkauf dann aber doch wieder gegen meine Prinzipien und greife zum günstigsten Stück Fleisch. Der eine oder andere kann das vielleicht an sich selbst beobachten – und dann bewusst dazu beitragen, diese Lücke zu schließen.

Hannes Royer auf der Alm | © Land schafft Leben

Wer nichts weiß, muss alles essen:

Land schafft Leben gibt’s nun auch zum Anhören.

Nächster Artikel