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Landwirtschaft

„Nichts bleibt stehen – weder in der Landwirtschaft noch in der Technologiewelt“

Photo: Africa Studio via shutterstock

Georg Strasser

Präsident des österreichischen Bauernbundes

Georg Strasser, Präsident des Österreichischen Bauernbundes, wünscht sich, dass sich die Landwirtschaft in Österreich anhand der Lehren der Krise weiterentwickeln wird. 

Wo steht die Landwirtschaft im Jahr 2021? 

Die Landwirtschaft ist von der Corona-Krise schwer betroffen. Das Interesse an regionalen Lebensmitteln ist aber gestiegen – ein gutes Zeichen. Das Thema Eigenversorgung gewinnt stärker an Gewicht. Die Lehren aus der Corona-Krise, auch rund um den Klimaschutz, und auch alte Themen, geben uns vieles auf, was es anzugehen gilt. Wir wollen als Bäuerinnen und Bauern einen guten Job machen, damit Österreich lebenswert bleibt und als Wirtschaftsstandort in eine gute Zukunft geht.

Inwieweit kann die Digitalisierung den Arbeitsalltag der LandwirtInnen erleichtern?

Es gibt viele technische Innovationen, von denen landwirtschaftliche Betriebe profitieren können. Da geht es um punktgenaue Wetterprognosen, um die Planung des Anbaus; anhand von Milchproben oder Sensoren kann man schneller herauszufinden, wie es einem Tier im Stall geht. Aber auch Geräte wie etwa Melkroboter, oder das Management vom Dünger- und Saatguteinsatz, was auch ein Beitrag zur Qualität ist. Wir wollen Österreich als Vorreiter in der digitalen Landwirtschaft positionieren. 

Wo gibt es Verbesserungspotenzial?

Die Basis für die Digitalisierung im ländlichen Raum ist der Breitbandausbau. Es wird notwendig sein, alle Bauernhöfe mit Glasfaser zu versorgen. Es ist auch wichtig, über Forschungsprojekte die Technologien weiterzuentwickeln: Nichts bleibt stehen – weder in der Landwirtschaft, noch in der digitalen Welt. Wo es auch Handlungsbedarf gibt, ist z.B. die bodennahe Gülleausbringung. Diese ermöglicht, dass der in der Gülle enthaltene Stickstoff effizient und ohne Verluste in den Boden eingebracht wird bzw. der Ammoniakausstoß reduziert wird. Außerdem möchte ich zwei Projekte erwähnen. Das RTK-Signal: Eine GPS-Technologie, mit der z.B. ein Traktor oder Maschinen präzise am Acker gesteuert werden können. Zudem die Covid-Investitions-Prämie: Sie wird in der Landwirtschaft zu einem Investitionsschub im Bereich der Digitalisierung und Ökologisierung führen. 

Was leistet die Digitalisierung in puncto Klimawandel und Tierwohl?

Die Digitalisierung bringt eine deutliche Erhöhung der Ressourceneffizienz zum Wohle der Umwelt und Verbesserung des Tierwohls. Z.B. kann man über ein Tierwohl-Monitoring Rückschlüsse auf den Gesundheitsstatus der Milchkuh schließen. In der Geflügelwirtschaft konnte z.B. Dank der Digitalisierung der Antibiotika-Einsatz in Österreich drastisch reduziert werden. Die Digitalisierung ermöglicht also eine Optimierung von Arbeitsprozessen am Bauernhof und damit mehr Wirtschaftlichkeit.

Viele KonsumentInnen wünschen sich mehr Tierwohl, sind aber nicht bereit, mehr dafür zu bezahlen. Wie überwindet man diesen Spagat?

In der wissenschaftlichen Welt wird dies als der „Consumer Citizen Gap“ bezeichnet. Konkret bedeutet das, dass die Einstellung der Bürger von ihrem Verhalten abweicht. Der Verbraucher unterstützt also hohe Qualitätsstandards, ist aber oft nicht bereit, mehr Geld für teurere österreichische Qualitätsprodukte zu bezahlen. Wir dürfen nicht jammern, da wir uns auf gutem Niveau bewegen, aber wir möchten uns natürlich gerne verbessern. Was machen wir also? Erstens ist Information und Werbung wichtig. Wir möchten mit Informationen Aufklärung schaffen. Der zweite Bereich ist Qualität: Österreich definiert sich seit dem EU-Beitritt als Feinkostladen Europas. Qualität ist ein laufender Verbesserungsprozess, wo wir Bäuerinnen und Bauern motivieren, gemeinsam entlang der Lebensmittelversorgungskette das Beste herauszuholen. Drittens drängen wir auf die Herkunftskennzeichnung. Transparenz ist ein Garant dafür, dass das Vertrauen zwischen den Bäuerinnen und Bauern und den Konsumenten weiter ausgebaut wird. 

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