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Österreichische Landwirtschaft als Musterschüler

Bauernbund Präsident Georg Strasser © Foto: Bauernbund Österreich

Bauernbund-Präsident Georg Strasser über die Bauern als Sündenböcke, den Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe und das Potenzial der Landwirte als Energieversorger.

Die Landwirtschaft steht unter ständigem Beschuss: Als Sündenböcke für den Klimawandel, der Wirbel um die Kälbertransporte, Kritik an den Subventionen. Wie kann man das Image der Bauern stärken bzw. was kann der Bauernbund dafür tun?

Wir sind Fürsprecher für die Bauern, aber auch Brückenbauer, damit bäuerliches Leben und Wirtschaften verstanden wird. Die Wissenschaft sagt uns: Was den Klimaschutz angeht, sind österreichische Lebensmittel Musterschüler. Im Economist gibt es eine Einschätzung, wo wir die Nummer Eins unter 67 Ländern sind, in der Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben – nämlich sehr nachhaltig. Und das müssen wir verstärkt der Bevölkerung näherbringen.

Zum Thema Kälber-Transporte: Wir wollen, dass Kälber, die in Österreich geboren sind, auch in Österreich gemästet werden. Denn jetzt leben wir in Österreich in einem etwas „perversen“ System. Hierzulande wird viel Kalbfleisch konsumiert. Leider kommt dieses aus Holland. Weil Holland in der Lage ist, Kalbfleisch billiger zu produzieren. Und unsere Kälber werden teilweise zum Mästen nach Italien gebracht. Deshalb ist es unser Ziel, in den nächsten Jahren eine heimische Kalbfleischproduktion aufzubauen. Dafür braucht es Marktmaßnahmen vom Bauernhof bis zum Teller. Es braucht auch ein stärkeres Bekenntnis von der Gastronomie und dem Handel zu Produkten aus Österreich und heimischer Qualität. Dafür müssen die Preise nach oben. Sonst wird es wirtschaftlich nicht funktionieren.

Der Milchpreis ist seit 10 Jahren gleich, die Zahlungsbereitschaft der KundInnen sinkt, die Ansprüche aber steigen: Was will der Konsument?  

Wir brauchen mehr Bekenntnis zu Österreich, weil wir mit Qualität und Produktion heimischer Lebensmittel unseren Lebensraum absichern. Was wäre Österreich ohne Bauern? In Waidhofen an der Ybbs ist es nur deswegen so schön, weil es Kühe gibt, die dort grasen. Genau aus diesem Grund ist die Rinderwirtschaft für Österreich so wichtig: Wir sichern damit Lebensraum für Einheimische und bieten Touristen Erholungsraum. Diesen Zusammenhang müssen wir auch in unserer Kommunikation noch viel stärker betonen. Das Kaufverhalten wird sich nur dann verändern, wenn der Zusammenhang zwischen Landwirtschaft und Landschaft bewusster wird.  Man hat auch gesehen, dass sich auch durch die Entwicklung von Premium-Programmen sehr viel Positives getan hat.

Der Anteil der Landwirtschaft geht zurück/(Die Anzahl der Bauern wird weniger), obwohl wir in Österreich die besten Bedingungen für Landwirtschaft haben. Warum gibt es den Strukturwandel?

Den Strukturwandel beschleunigt ein gewisser Kosten- und Einkommensdruck. Heute arbeiten weniger Leute auf den Betrieben und somit teilt sich sinkendes Einkommen auf weniger Arbeitskräfte auf. Grund für den Strukturwandel ist unter anderem die Mechanisierung. Es ist vor 30 Jahren viel mehr Arbeitseinsatz notwendig gewesen als jetzt, folglich werden die Arbeiten schneller erledigt. Und viele sehen sich in der Geschwindigkeit, in der Veränderungen eingefordert werden, überfordert. Wieviel Veränderung ist am Betrieb möglich? Man stößt irgendwann an seine finanziellen Grenzen, auch die Motivation ist limitiert. Dann gibt es noch soziale Komponente: Die Hofübergabe. Die Höfe werden zwar verhältnismäßig früh übergeben, daraus resultierende Konflikte sind aber auch ein Mitgrund, warum es Betriebsschließungen gibt. Ein starker Aspekt ist auch unsere Kultur. Es ist eine Frage der Ehre, Bauer zu sein. Unser Ziel ist es, das Selbstbewusstsein der Bäuerinnen und Bauern zu stärken. Dazu zählt auch der gesellschaftliche Diskurs. Denn wir sind – bei aller Tradition – auch eine sehr moderne Landwirtschaft.

Der Trend zur biologischen Landwirtschaft hält in Österreich an. Jeder vierte Hektar ist „Bio“, jeder fünfte Betrieb ist ein Biobetrieb. Wohingehend müssen sich heimische Biobetriebe entwickeln?

Österreich ist bewusst den Weg der Qualität gegangen. Wir wollen die Bio-Landwirtschaft weiterentwickeln, denn es ist eine Erfolgsgeschichte. Wobei es hier zwei Limits gibt. Wir haben Bereiche, wo wir im Bio-Segment ein Mengenproblem bekommen haben, beispielsweise beim Getreide. Da nutzt es nichts, wenn wir die Produktion befeuern und dann die Marktpreise einbrechen. Das zweite Limit ist, dass auch die Bio-Landwirtschaft sich im europäischen Kontext in der Weiterentwicklung befindet. Unsere Strategie ist es, praxistaugliche Lösungen für die österreichische Landwirtschaft zu erwirken. Bei den Verhandlungen mit Brüssel versuchen wir, möglichst viele Bio-Betriebe in das neue Programm überführen zu können. Aber die Auflagen werden in Summe immer mehr.

Der Klimawandel bedroht nicht nur Ackerbau- und Grünlandbetriebe, sondern auch die Forstwirtschaft.

Die Klima- und Energie-Diskussion wird uns in den nächsten Jahren fordern, denn wir wollen die Pariser Klimaziele erreichen. Wir wollen – mehr als bisher – einen Beitrag zum österreichischen Energiemix liefern. Da sind wir wieder bei den Sündenböcken: Wir sind nicht die Schuldigen, sondern Teil der Lösung. Es besteht die Möglichkeit, aus der Land- und Forstwirtschaft noch viel mehr nachhaltige, erneuerbare Energie zu produzieren. Holz, Biogas, Biodiesel und -ethanol. Das alles muss mehr eingesetzt werden.

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