Home » Landwirtschaft » Regionalität ist Versorgungssicherheit
Landwirtschaft

Regionalität ist Versorgungssicherheit

Foto: zhaojiankang via IStock

Josef Moosbrugger

Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich

Wie kaum eine Situation zuvor hat uns Corona vor Augen geführt, dass die regionale Erzeugung von Lebensmitteln, Rohstoffen und Energie eine unverzichtbare Krisenvorsorge darstellt. Die internationalen Handelsströme, die bisher selbstverständlich erschienen, offenbarten ihre Verletzlichkeit. Als in- und ausländische Gastronomie und Tourismus in der ersten Phase als Abnehmer wegbrachen, wurde für alle sichtbar, wie stark verwoben die verschiedenen Wirtschaftsbereiche mittlerweile sind. Studien von Ökonomen verdeutlichen, wie sehr die gesamte österreichische Volkswirtschaft von mehr Regionalität im Lebensmittelbereich profitieren würde.

Corona hat enorme Komplikationen und viel Leid verursacht. Doch in jeder Krise liegt auch eine Chance, und das ist im Falle der Landwirtschaft die neue Wertschätzung für uns Bäuerinnen und Bauern. Viele haben erkannt, dass es – neben unzähligen anderen Leistungen – unsere ureigenste Aufgabe ist, die Bevölkerung zu ernähren. Damit die Menschen ihren Konsumpatriotismus jedoch auch tatsächlich leben können, fordern wir als nächsten wichtigen Schritt eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei Verarbeitungsprodukten und in der Gemeinschaftsverpflegung. Der Anteil der Landwirtschaft in der Lebensmittelwertschöpfungskette ist in den letzten Jahrzehnten auf ein existenzgefährdendes Maß gesunken. Es würde ganz Österreich zugutekommen, anstelle des ständigen Preiskampfes einen Qualitäts- und Regionalitätswettbewerb zu schaffen. Wir geben unser Bestes, um verlässliche Partnerschaften und Qualitätsprogramme mit dem LEH aus- beziehungsweise aufzubauen.

Große Hoffnung setzen wir auch auf innovative Absatzmärkte und -schienen. Social-Media-Auftritte, Webseiten und neuartige Bestell- und Liefersysteme von Direktvermarktern, also direkt vom Bauernhof, sprechen weitere Käuferschichten an. Wir müssen aber auch völlig neue Märkte entwickeln, zusätzliche Absatzchancen nutzen und damit mehr Einkommen in den Betrieben ermöglichen. Die Verwertung von Reststoffen oder Borkenkäferschadholz zu alternativen Treibstoffen sei als mögliches Beispiel genannt.

Die größte Herausforderung für die Land- und Forstwirtschaft ist aber wohl die Klimaverschlechterung. Dabei sind wir nicht nur die Hauptbetroffenen, sondern bieten mit erneuerbaren Rohstoffen und erneuerbarer Energie sowie regionalen Lebensmitteln auch Lösungsansätze. Gerne stehen wir zu unserer Verantwortung. Populistische und undurchdachte EU-Strategien wie Farm-2-Fork konterkarieren aber unsere Bemühungen. Sie vergessen, ob und wie wir Bäuerinnen und Bauern das umsetzen können. Wir kommen wirklich gerne unserem Auftrag zur Versorgung der Bevölkerung nach und wollen auch zusätzliche Rohstoffe und Energiequellen anbieten. Wir brauchen dafür aber geeignete Mittel und Werkzeuge, Chancen und Möglichkeiten. Weniger Produktion, weniger heimische Höfe und mehr Importe wären jedenfalls ein Schuss der EU ins eigene Knie.

Nächster Artikel